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Donnerstag, 26. Januar 2012

Der gute Norden

Mein Freund ist Däne und glaubt daher in das Gute im Menschen.
Er findet es gut, dass ich GEZ bezahle und kauft sich jedes Mal einen Fahrschein, wenn er die öffentlichen Verkehrsmittel benutzt.
Er ist der Meinung, dass sich Menschen generell auch an mündliche Vereinbarungen halten, gefundene Geldbörsen abgegeben werden und wenn 500g auf der Vitalis-Müsli Packung steht, auch 500g drin sind.
Ich bin fest überzeugt, dass mir jemand mein Portemonnaie aus der Tasche klaut, wenn ich sie offen lasse. Selbst bei einer schriftlichen Zusage, rufe ich an, um mich zu überzeugen, dass kein Irrtum vorliegt. Wenn die 500g Vitalis-Müsli Packung bei Kaufland im Angebot ist, muss was mit dem Müsli nicht stimmen und die GEZ ist sowieso nie zufrieden und schickt einem trotzdem noch Briefe, selbst wenn man den Maximalbetrag brav jeden Monat überweist. 
Ich bin misstrauisch. Mein Freund nennt es zynisch. Ich denke, es ist realistisch.
In Dänemark tragen Professoren Sandalen und Cordhosen, helfen dir beim Umzug und sogar beim Studium. Die Menschen sind nett zueinander. Sie sind gesünder, weil sie sich weniger Ärgern. Alle fahren Fahrrad, Studenten werden finanziell unterstützt und junge Mütter werden bei Einstellungsgesprächen nicht benachteiligt. 
Dänemark klingt wie ein Land, in dem es jeden Tag Granny Smith Äpfel umsonst gibt und sich alle an den Händen halten. 
Manchmal bin ich neidisch. In Berlin treten sich alle gegenseitig auf die Füße und ziehen sich an den Haaren. Meine Dozenten tragen Borussia Dortmund T-Shirts und sind die meiste Zeit über gemein. Um genug Geld zu haben, mache ich nach der Uni Latte Macchiatos für Leute mit genug Geld und schreibe, weil zu wenig Zeit zum Lernen, schlechtere Noten bei den gemeinen Professoren. Die Leute am DB-Schalter sind immer unfreundlich und durch das ganze Ärgern über die deutsche Unfreundlichkeit, bekomme ich unreine Haut.
Das würde mir in Dänemark nicht passieren, obwohl es im dänischen nicht einmal das Wort "bitte" gibt.
Mein Freund ist stolz, Däne zu sein. Ich mache mich heimlich darüber lustig, stecke aber trotzdem Dänische Fähnchen in die Topfpflanze in der Küche. Niemals würde sich eine deutschte dazugesellen.
Sind die Dänen so nett zu ihrem Land, weil es nett zu ihnen ist?
Und woher kommt dieser Urglaube an das Gute? In der dänischen Welt gibt es immer eine Lösung, und wenn ich schon panisch, die Katastrophe erahnend im Dreieck springe, macht meint Freund sich „Aftenskaffe“ (Abends um neun gibts immer nochmal Kekse) und meint genüsslich knuspernd: „ Das wird schon!“.
Das verrückte ist: Es wird immer.
Nur wer an Regen glaubt, wird Regen kriegen?
Ich wünsche mir ein bisschen mehr skandinavische Lebenseinstellung sowie ihren Geschmack für Inneneinrichtung und Gebäck.
Außerdem haben sie gute Kriminalserien.Irgendeine dunkle Seite gibts ja doch immer. 

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