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Donnerstag, 30. September 2010

Das römische Imperium schlägt zurück.

Der Herbst macht es sich bequem im schönen Calgary. 
Die Bäume glänzen golden und dennoch herrschen sommerliche 23°C, sodass ich problemlos in der Sonne sitzend lernen oder dösen kann. 
Unter mir raschelt das Laub und die Sonne kitzelt in meinen Augen. Es ist alles idyllisch entspannt,  doch meine Gedanken kreisen nur um eines: Morgen ist es soweit.
Voller Vorfreude erwartet die University of Calgary das Ereignis des Jahres:
Die TOGA-Party.
Seit einer Woche wird über nichts anderes gesprochen. Nie. Nirgendwo.
Hauptbestandteil der TOGA-Party ist, dass sich jeder Gast in ein Laken hüllt, dass er mit Sicherheitsnadeln irgendwie irgendwo befestigt. Ziel ist es, die Kleidung der alten Römer einigermaßen authentisch zu immitieren. Sonst gibt es keinen Einlass, zumindestens keinen kostenlosen.
Dann wird Alkohol getrunken. Wie auf jeder Party, TOGA hin oder her.
Ein Traum.
Seit einer Woche geistern verschiedenste Youtube-Videos über unterschiedlichste TOGA-Techniken über unsere Facebook-Profile.
Man muss ich entscheiden, ob man eher den klasischen Schulterknoten oder den fetzigen Neckholder-Stil bevorzugt.
Meine Hauptsorge besteht darin, dass man mit einer TOGA ja überhaupt nicht tanzen kann. Also holte ich mir Anregungen auf der American-Apparel-Homepage. Dort gibt es tatsächlich einen Clip, der kurz und knackig erklärt, wie man mit seinem Circle Scarf (Trend aus dem Winter 2010) eine Toga basteln kann. Ich bin begeistert. So muss ich nicht nur kein zusätzliches Geld für ein „Weißes Laken Set“ bei Wallmarkt ausgeben, nein, ich werde mit meiner „Sexy-mini-TOGA „ in taubengrau der Star des Abends sein. Außerdem: der Retro-Schal. Geht's den besser?
Fast genause wichtig wie die TOGA Party ist die Pre-Party. Das einzige wirklich Witztige bei der Sache ist ja das Kostüm. Also muss das Verkleiden gemeinsam passieren. Danach: ein Bier zum Einstieg und ein Foto.
Daher werden morgen pünktlich um 19:30 Ortszeit zwanig, in Laken gehüllte, europäische Austauschstundenten dümmlich mit dem Daumen nach oben in eine Kamera grinsen.
Ich bin einer von ihnen. 
Eigentlich mag ich keine Kostüme.
Aber eigentlich mag ich auch keine „Daumen nach oben“-Geste.
Eigentlich wohne ich auch in Berlin.
Also: her mit der TOGA, schnell eine „pesudo-römisch-griechische-Flechtfrisur“ auf den Kopf und Daumen hoch.
Man ist ja nur einmal hier.

Sonntag, 26. September 2010

Banff-die Zweite

Und wieder einmal macht sich eine Gruppe Studenten an einem Sonntag Morgen auf in einen kanadischen National Park.
Diesmal regnet es nicht. 
Obwohl ich den Banff-National-Park schon kenne, bin ich aufs neue beeindruckt.
Zumal jetzt, da dank dem Einzug der neuen Jahreszeit Herbst, hier und da gelbe oder rote Tupfen im sonst eher grünen Grundton auftauchen.
Die Gigantische Größe und Kraft der Rocky Mountains lässt einen selbst, in seiner Funktionsjacke von North-Face mit Systemkamera in der Hand lächerlich und unbedeutend wirken.
Würde mich jemand auf einem dieser Berge aussetzen, würde ich verhungern, oder von einem Bär gefressen werden. Oder beides. Natürlich erst verhungern und dann kommt der Bär.
Viel mehr kann man dazu auch nicht sagen. Muss man allerdings auch nicht.
Das einzige, was mich bitter enttäsucht hat, sind die hoch angepriesenen heißen Quellen. Bewaffnet mit Handtuch, Bikini und Flipflops, verging mir die Lust aufs entspannende Bad sofort, als ich sah, dass die Grundfläche des Pools ca. 10 quadratmeter beträgt und sich chon 80 Leute auf auf diesem 10 quadratmetern tummel. Zumal konnte man vom Hauptwanderweg direkt in den Pool sehen. Und es roch nach Chlor.
Jeder der schon einmal in Bad Sarow war, wird mich verstehen.
Berge hin oder her-was Thermen betrifft, müssen die Leute hier noch ordentlich was dazulernen.











Dienstag, 21. September 2010

Im Westen nichts Neues

Irgendwie hatte ich ganz vergessen, wie unheimlich schwer es ist, sich in einer völlig neuen Umgebung zurechtzufinden.
Gewöhnlicherweise vergehen die ersten zwei Wochen wie im Fluge, doch dann folgt ein kleiner Abstecher in das Jammertal. Manchmal auch ein etwas größerer. Ich jedenfalls hab es mir dort mittlerweile schön gemütlich gemacht. Mit einem Becher Kaffee und einer Tafel Schokolade bemitleide ich meine Situation.
Denn aus Mangel an sozialer Interaktion mit Kanadiern habe ich bis jetzt den Großteil meiner Nachmittage damit verbracht „The Big Bang Theory“ zu gucken. So verbessere ich zwar auch mein Englisch. Leider nicht durch die Teilnahme an unterhaltsamen Abenden mit Einheimischen, sondern mithilfe 5 imaginärer Freunde, von denen 3 einen Doktortitel in Physik haben. Das war nicht der Plan.
Auch ansonten habe ich noch nicht so richtig den Aufsprung auf das nordamerikanische Kulturkarussel geschafft. Ich gehe zwar mit zum „Football-Game“-verstehe aber die Regeln nicht. Ich rechne es jedem Mann dieser Welt hoch an, dass er auch zum dritten Mal versucht es mir zu erklären, aber ich denke es ist hoffungslos.
Die Regeln beim Eishockey sind einleuchtender, nur leider wird mir dort immer sehr schnell kalt, sodass ich nie weiß, wie das Spiel am Ende ausgegangen ist.
Leider bleibt mit auch der Weg durch die kulinarische Hintertür des Landes verschlossen. Den gestrigen Abend verbrachten wir im Irishen Pub. Es war Chicken-Wings-Night. Jeder Chicken-Wing kostete 25 cent und wurde ,in BBQ-Sauce gewälzt, serviert.
Nach vier Wings war mir schlecht und ich musste gehen.
Ich fühle mich wie ein Weichei-und wie ein Exot. 
Bei der Lösung meines Problems können mir nichtmal mal meine drei Physiker-Freunde oder eines ihrer Fließschemata helfen.
Ich hoffe darauf, dass meine Freundin, die Zeit mir hingegen etwas unter die Arme greift.
Sie muss einfach nur ein bisschen ins Land ziehen und dann werden die Dinge bestimmt einfacher.
Ich bin sicher, es gibt ein gutes Buch über Football-Regeln, und bei der nächsten Chicken-Wings-Night lege ich einfach eine gute Grundlage aus Weißbrot-das gibts hier nämlich zu genüge.
Bleibt nur noch das Problem mit den Freunden?
Vielleicht hilft: „The Big Bang Theory“, Season2, Episode 13 „The friendship algorithm“
Vielleicht auch nicht.

Donnerstag, 16. September 2010

Blick aus dem Fenster-mit Regen

Nass

Es regnet.
Immer.Jeden Tag. 
In Calgary.
Calgary ist als „sonnigstes Städtchens Kanadas“ bekannt. Das ist meiner Meinung nach blanker Hohn. Gestern konnte ich für ungefähr fünf Minuten die Sonne am Horizinont erahnen. Die restliche Zeit ist zwischen dem Himmel und meinem Kopf ein riesiger Regenschirm, sodass sich mein Sichtfenster eher auf den Boden als auf höhere Sphären konzentriert.
Ich bin genervt. Dieses Wetter hätte ich auch in Berlin haben können.
Gemeinsam mit dem Wetter hat sich auch der Alltag eingeregnet.
Offensichtlich reicht es, den Menschen irgendwo auf der Welt auszusetzen und ihm zu sagen, dass er an diese Ort jetzt eine Weile bleiben wird; schon fängt er an, morgens Kaffee zu kochen, die Wände seines Zimmers mit Fotos zu dekorieren und die Handtücher im Schrank nach Farbe und Größe zu ordnen. 
Voilà, die neue Heimat ist fertig.
Als Stundentin der Universität Calgary schleiche ich jetzt gewohnheitsmäßig, wie alle anderen,morgens mit einem Starbucks XXL-Kaffee durch den Regen. Unter meinem Arm klemmt mein Macbook und wenn ich jemand bekanntes sehe, zwitscher ich:“Hi, how are you today?“
Im Gegensatz zu allen anderen ist mein Macbook schon 4 Jahre alt und die Frage nach dem Wohlbefinden kommt mir ,mit meiner angeborenen deutschen Unfreundlichkeit, nur schwer über die Lippe. Außerdem schaffe ich meinen Riesenkaffee nie und muss ihn irgendwann mit zittrigen Händen in den Ausguss gießen
Nach Kursen, die sich jeweils über lächerliche 50 min erstrecken, geht man kollektiv ins Fitnesscenter. Immerhin hat hier jedes Gericht so um die 3400 kcal. Wenn man weiterhin durch die schmale Tür seines Wohnheimzimmers passen möchte, ist das Laufband dringend empfehlenswert. 
Eigentlich laufe ich ja lieber draußen in der Natur. Aber regnet es ja immer.

Jeden Donnerstag geht es in den „DEN“. Das ist die Kneipe auf dem Campus. Dort treffen sich alle uns es wird getanzt. Bis ein Uhr, dann ist Sperstunde. Da sich die Türen auch schon um 8:00 öffnen,trifft man sich um 6:30 um sich zu betrinken. Daran kann ich mich nicht gewöhnen. Da ich aber nicht die einzige sein will, die 18$ für einen Cocktail ausgibt, überwinde ich mich und genehmige mir pünktlich um 6:35 mein erstes Glas Wein. Es ist kanadischer Wein und schmeckt ein bisschen so, als hätte jemand zusätzlich künstliches Wildbeeren-Aroma hinzugefügt. Vielleicht sollte ich ihn mit Cola verdünnen.
Schnell wird deutlich, dass der Nordamerikansiche Kontinent Europa, sowohl wettertechnisch als auch im Punkto Alkoholgenuss irgendwie unterlegen zu sein scheint.
Weil wir es uns hier aber trotzdem schön machen wollen, stolpern 8 angeheiterte Transfer-Stundents um 7:15 durch gewaltige Pfützen. Ab und zu nippen sie an Plastikbechern mit Wein-Cola. Dieser Plastikbecher befindet sich in einer braunen Papiertüte. Wir müssen uns beeilen, da sich die Papiertüte durch den Regen auflöst. 
So ist das hier-in Calgary.

Sonntag, 12. September 2010

Banff-National Park

Diesmal kein Text.
Aber die Bilder sprechen für sich.
Es war taumhaft schön.
Nur ein bisschen kalt.
Wie immer.
In Calgary.


Mittwoch, 8. September 2010

Transfer-Students unter sich


Ich kann mir nicht länger etwas vormachen: Ich bin tatsächlich ein Transfer-Student. 
Und wie es der Zufall so will, habe ich es tatsächlich geschafft mich binnen 3 Tage perfekt in die Gruppe anderer Transfer-Students zu integrieren.
Wir sind ein lustiges Häufchen aus Dänen, Schweden, Holländern und Spaniern einem Österreich und mir.
Wir machen alles gemeinsam. Fast immer.
So entsteht sehr schnell ein trügerisches Gefühl von Gemeinschaftssinn. Das bin ich nicht gewohnt.
In Berlin ist mir dieses Gefühl eher fremd und kommt nur auf, wenn ich mich gemeinsam mit anderen Mitbürgern über die Unzuverlässigkeit der S-Bahn aufrege.
Hier aber bin ich sofort Teil einer Gruppe. Das ist irgendwie nett. Wenn ich irgendwo hingehen will, kommt immer jemand mit. So ist man nie richtig alleine.
Von gratis Begrüßungs-BBQ bis zum abendlichen, geschlossenen IKEA-Besuch wird nichts ausgelassen. Heute gehen wir alle zu einer kostenlosen Kino-Veranstaltung in einem Vorlesungssaal. In Berlin würde ich einen riesen Bogen um solche organisierten Unternehmungen machen-hier bleibt mir nichts anderes übrig als mich den anderen anzuschließen.
Mitgehangen, mitgefangen. 
Lieber über einen dämlichen Teenie-Film mit anderen lachen, also alleine auf dem Zimmer an die Decke starren.
Da wir alle die selben Probleme und Sorgen haben, trifft man auch fast immer auf Verständnis-sofern man sich verständigen kann.
Vielleicht sollte ich mein Bild über Gruppendynamiken nochmal überdenken.
In der Zwischenzeit lerne ich ein paar Worte Schwedisch. Oder Dänisch.Oder Niederländisch-das kann ich nämlich schon ein bisschen.

Montag, 6. September 2010

Mit Air Canada dahin wo man hin wollte



Mein Platz im Flugzeug ist Sitz 23H. Hier sitze ich nun schon seit geraumer Zeit -6 Stunden. Es ist schweinekalt. Ich habe mich komplett in die blaue Air-Canada-Syntetik-Decke gehüllt und friere trotzdem. Meine Nasenspitze gleicht einem Eiszapfen. Jeder Atemzug, der durch den Mund erfolgt ist wie tausend kleine Nadeln im Rachen und wird sofort mit einem kleinen, schmerzhaften Huster bezahlt. Also konzentriere ich mich hauptsächlich auf meine Nase.
Mein Sitznachbar schweigt seit Start des Fluges. 
Mir ist langweilig und mein Kopf ist leer. Fassungslos über die Tatsache, irrwitziger Weise tatsächlich in diesen Flieger gestiegen zu sein, weiß ich nichts mit mir anzufangen. Was nun?
Ich kann mich auch nicht so richtig auf das sehr umfangreiche Entertainment-Programm konzentrieren. Aus Mangel an besserem Wissen gucke ich erst „Ghost“ mit Demi Moore und dann eine interessante Dokumentation über eine Balletschule in Paris. 
Als das Essen kommt, vergeht mir der Hunger. Gelbes Hühnchen in gelber Soße mit drei, sehr verloren aussehenden Karotten. Dazu: Selleriesalat mit Mayonnaise. Zum Glück habe ich ein Brötchen mit Leberwurst dabei. Als ich es herraushole und genussvoll hinein beiße, gucken mich 3 Jungs auf Platz 23 GHI sehr neidisch an. Sie sind auf dem Weg in ihr High-School-Jahr und reden unterbrochen darüber wie cool sie doch sind und was alles so passieren kann in dem "geilste Jahr ihres Lebens". Ich überlege, ob ich einen ein paar Lebensweisheiten mit auf den Weg geben soll, aber sie finden mich bestimmt alt und wunderlich. Außerdem habe ich einen Pickel am Kinn. Ich bin ihnen so zwar in Bruttoanzahl der Pickel weit unterlegen, fühle mich aber trotzdem unwohl. Außerdem will ihn ihnen ihren Optimismus nicht nehmen.
Auch mit an Bord: eine Gruppe Deutscher mit Motvidruck-T-Shirts. “Idioten aus dem Ruhpott treffen auf Kandischen Wald 2010“, oder so ähnlich. Sie benehmen sich peinlich, lachen und feixen die ganze Zeit. Ich werde versuchen, mich bei der Einreise nicht direkt hinter sie zu stellen. Oft schäme ich mich nämlich für andere Deutsche im Ausland und hätte dann gerne eine andere Nationalität. Dabei ist mir nicht so klar, ob ich mich dann, mit dieser anderen Nationaöität weniger im Ausland schämen würde- siehe Engländerinnen Mitte zwanzig. 
Da die zum Glück nicht mit an Bord sind, hat sich auch noch niemand betrunken auf der Flugzeugtoilett übergeben.
Alles in Allem ist es also eine sehr ruhige, besinnliche Reise.
Hoffentlich bleibt es so.