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Donnerstag, 23. Dezember 2010

We are nowhere and it's now

Halbzeit! 
Gipfelfest! 
Midsommer?
Die längste Nacht des Jahres liegt hinter mir. Meine erste Hälfte Kanada auch. Ist es Zeit Bilanz zu ziehen?
In den letzen Tagen durfte ich alle meine neu gewonnenen Freunde zurück ins alte Europa entlassen. Es ist, als löse sich ein Wollknäuel und jeder Faden trudelt langsam auf und dorthin zurück wo er hergekommen ist. Dänemark, Österreich, Schweden... Am Ende ist Europa das neue Kanada. Dennoch werde ich sentimental und habe das Gefühl ich verliere meine gestrickte Jacke. Mir ist kalt. Ich werde mein eigenes Wollknäuel und krieche ins Bett. Niemand ist mehr hier. Es ist seltsam. 
Ich überlege, ob ich eine chronologische Liste aller wichtigen Ereignisse anfertigen sollte oder ist es besser eine Playliste hochzuladen? Am Ende wird man  vergessen-oder vergisst. Bis zu dem Moment, an dem das eine Lied im Radio kommt und man plötzlich wieder im Schnee steht und eiskalte Finger hat. Vielleicht brauche ich ein Märchen? Märchen haben meistens ein gutes Ende. Ich mag gute Enden.
Es war einmal eine Prinzessin im schönen Berlin. Jeden Tag ritt sie auf einem großen gelben Pferd durch den Großstadt-Dschungel. Sie erlebte täglich kleine Abenteuer und hatte abends immer was zu erzählen. Meistens was es warm und es schien die Sonne. In ihrem Königreich gab es ein buntes Durcheinander bestehend aus andere Prinzessinnen, Zauberern, Königen oder Ordnungshütern. Sie kamen alle gut miteinander aus.  Manchmal gab es böse Kämpfe an den Grenzen zu dunklen Mächten. Dann gab es Tränen. Doch alle im Königreich hielten zusammen und  trösteten sich gegenseitig. Daher waren am Ende meistens alle wieder froh und es gab Softeis oder heiße Schokolade.
Irgendwann aber beschloss die Prinzessin das ganz große Abenteuer zu suchen und ihre Fremdsprachenkenntnisse zu verbessern. Also packte sie ihre sieben Sachen in ihren goldenen Koffer und flog über den Atlantik. Sie tauschte ihr gemütliches Schloss gegen eine Burg. Ihr Königreich schrumpfte. Es gab zwar keine Kriege mehr, dafür aber auch kein Softeis. Die Grenzen waren schwammig und die Prinzessin war sich nicht so sicher, ob sie nicht lieber ihr Krönchen hätte behalten sollen.
Sie tauschte ihre schicken Röcke gegen Funktionskleidung und bestieg Berge. Ihre zarten Knöchel steckten in Goretex Schuhen, anstelle in Stiefeln. Die Goretex-Schuhe trugen sie durch den Schlamm bis zum Gipfel. Den Rücken schweißnass, saß sie auf dem höchsten Punkt weit und breit und könnte sich nicht königlicher fühlen. Wenn sie könnte, würde sie dort  Werbung für Becks machen. Aber hier gab es kein Becks. Es gab Bier aus Dosen. 

Die Tage zogen ins Land. Das Königreich begann langsam zu wachsen.
Die Berge bekamen Mützen aus Schnee. Die Prinzessin tauschte die Schuhe gegen ein Brett. Sie sah nicht unbedingt besser aus, war aber weitaus schneller.
Lauter Erinnerungen im Form von Seifenblasen zerplatzen langsam über der Prinzessin und der Schaum brennt in ihren Augen. Auch wenn sie versucht alles einzufangen, alles einzufrieren und zu behalten,es wird ihr nicht gelingen. Sie kann es in schöne Dosen packen und in den Schrank stellen, aber Seifenblasen halten nicht ewig. Erinnerungen vielleicht? Wenn sie es wert sind?
Da dies ein Märchen werden könnte behalte ich auf jeden Fall eine Seifenblase. Die schönste. Vielleicht geht sie nicht kaputt. Vielleicht doch.
Das ist für alle Prinzessinnen, die ihren Thron verlassen, für alle Seifenblasen, die sich nicht trauen zu platzen, für alle die hier waren und jetzt weg sind.
Ihr werdet mir fehlen.

PS: Christian, da ich kein Bild von dir und mir habe, gibt eins mit dem Bär. Bist du froh?








Mittwoch, 1. Dezember 2010

Everybody's gonna learn sometimes






Ich mache meine Augen auf und auf einmal ist Dezember. Schneeflocken tanzen vor meinem Fenster. Es ist kalt und dunkle und 4 Uhr nachmittags. Ich öffne das erste Türchen meines Adventskalenders und es drängt sich mir die Frage auf: was ist mit der Zeit passiert?
Klebte sie am Anfang schwer wie Blei auf meinem Rücken, ließ mich nicht los wie eine Klette, hielt mich zurück und zog mich herunter; läuft sie nun mit hüpfenden Schritten immer einige Meter vor mir, lockt mich und treibt mich an.
Die Zeit- meine beste Freundin und mein ärgster Feind zugleich. Zart küssen mich ihre roten Lippen und dann schläft sie mir ihre Faust mitten ins Gesicht.
Meinem Dämon vollkommen ausgeliefert starre ich auf meinen Kalender, das Ziffernblatt meiner Uhr oder die Datumsanzeige in meinem Telefon. Wie konnte das so schnell passieren?
Habe ich nicht erst gestern versucht mit meinen Freunden zum Abschied Monopoly zu spielen?
Zeit ist wohl immer das kostbarste Gut, dass man hat. Und das am wenigsten fassbare. Je wertvoller es mir scheint, umso weniger besitze ich von ihr. Läuft eine Zeit ab, fängt eine neue an. Will ich eine greifen, beschreiben oder besitzen, läuft mir eine andere davon, lässt mich hinter sich oder vergisst mich.
„Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne? Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine neue?“
Als ob!
Ich habe Angst vor Anfängen, glaube nicht an Magie und mag offene Türen. Ich will nicht ständig neue öffnen, wer weiß in welchem Wohnzimmer ich lande. Hier ist es bequem, gemütlich und es gibt immer genug zu Essen.
Allerdings musste ich auch irgendwann die Tür zu dem öffnen, was jetzt ist.
Ich.Sitzend. Am Schreibtisch. Mit dicken Socken und Tee.In Canada.
Es war eine schwere Tür aus Holz. Der Schlüssel funktionierte erst nicht. Und ich musste es mehrmals versuche. Am Ende habe ich ein paar Leute getroffen, die die selbe Tür nehmen wollten und so haben wir uns geholfen. Jetzt liegt die Tür lange hinter uns, kaputt und unnütz.  Und alle blicken erwartungsvoll zur nächsten. Die müssen wir alle wieder alleine öffnen- ob wir wollen oder nicht.
Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Nicht wiederholen und nicht konservieren.
Sie ist erbarmungslos und läuft immer weiter. Denke ich zuviel über sie nach, vergeude ich sie. 
Also stelle ich meine Uhr 5 Minuten zurück, koche mir einen neuen Tee, tausche meine Socken gegen eine Feinstrumpfhose und gehe zu einem gemeinsamen Abendessen in der Hoffnung, dass das Essen zur richtigen Zeit aus dem Ofen genommen wurde.
No EMO!

Montag, 15. November 2010

It's not a question but a lesson learned in time

An einem Strand in Mexico wird nun endlich gesprochen. Nach meditativem Schweigen werden nun schwerwiegende Probleme diskutiert.

Da wir drei Frauen sind , geht es natürlich um Männer. Und Beziehungen. Und Beziehungen mit Männern.

Und vor allem geht es um Liebe. Scheinbar eine Sache, die unter der mexikanischen Sonne genauso viel Bedeutung hat wie am Frankfurter Tor oder irgendwo in Skandinavien.

Oder eben keine. Ich bin mir da nie so sicher.

„Ich liebe dich“ – Aufdrucke kann man an jedem mittelmäßig guten Souvenir-Stand in allen Ländern der Welt in allen möglichen Sprachen auf allen möglichen Arten von T-Shirts finden.

Alle scheinen es ständig zu sagen, zu singen, zu tragen. Ich sage es nie.

Einmal sagte ich es in der U-Bahn. Daraufhin starrte mich ein verdutztes Gesicht an und wenige Wochen später wurde ich verlassen.

Einige Zeit später wurde es einmal zu mir gesagt. Daraufhin saß ich mitten in der Nacht verwirrt am Küchentisch und wusste nicht was zu tun war.

So lange ich nicht ganz genau weiß, was es für mich bedeuted, bin ich sparsam mit Versprechen hinsichtlich der Liebe.

Was nützen Worte, wenn sich dahinter nicht mehr verbirgt als eine momentaniger emotionale Laune und ein Hang zur Romantik?

Wird ein besonderer Moment im Leben zweier Menschen noch besonderer weil sie sich gegenseitig ins Gesicht strahlen, wie sehr sie sich lieben? Vielleicht. Bestimmt. Ich weiß es nicht, weil ich es mich nicht traue.

Mein Gesicht strahlt, wenn ich nach Hause komme und sehe, dass jemand meinen Fahrradkorb wieder angebaut hat.
Ist das Liebe?

Die Worte jedenfalls machen mir Angst. Ersten gucke ich ungläubig, zweitens bekomme ich einen trockenen Hals und drittens versagt meine Stimme.

Ich kann lustige Postkarten schreiben, mir Spiele ausdenken, schöne Geschenke machen, Überraschungen planen, Brote schmieren, Leben organisieren und sexy an der Bar stehen.
Aber sagen kann ich es nicht.
Oder will es nicht- oder nur ganz selten.

Meine Reisebegleitung versteh mich nicht und findet mich seltsam. Sie sagen es beide. Die ganze Zeit. Und wollen es hören. Das überrascht mich nicht. Ich bin hier eh das schwarze Schaf.

Ich bleibe hart. Und schweige. Dieses eine Mal und auch nur zu diesem Thema.

„Ich liebe dich“ bleibt für ganz besondere Momente: an Flughäfen, auf Hochzeiten oder bei der Geburt von gemeinsam Kindern. Irgendwann.

Wenn ich irgendwann eine SMS mit "Kaufe bitte Brot und gehe noch Geld holen- Ich liebe dich-Gerit"

Schreibe, verliere ich den Glauben an die Liebe.

Auf den Spuren einer Kultur, die Jade gegenüber Gold bevorzugt















Freitag, 12. November 2010

It was not written in our cards

Der Soundtrack meiner Reise passt eher zu einen regnerischen Novembertag in Berlin oder einem Kurztrip nach Grönland als an den Golf vom Mexico.

Mit meinem Ipod ist immer Herbst.
Offensichtlich.

Wieder einmal fällt mir auf, es ist nie der Ort, der zählt. Es sind immer die Gespräche. Leider führen wir hier kaum welche.
Bis auf exzessiven Gedankenaustausch mit mir selbst, ist es ein relativ stummer Urlaub.
Es herrscht keine schlechte Stimmung. Es wird einfach nur geschwiegen.

Dabei rede ich doch so gerne.

Ich kann Tage mit denselben Menschen verbringen und trotzdem am Abend nicht einschlafen, weil es noch so viel zu besprechen, so viel zu diskutieren gibt: Das Leben, die Charakterentwicklung der Hauptpersonen von Gossip Girl oder ein gutes Apfelkuchenrezept.

It'a all about words?

Das Meer ist unglaublich blau, der Strand ist wie Zucker, legt sich leicht, süß und klebrig um meine Zehen.
Das Wasser ist warm, hüllt mich ein und trägt mich davon. Stundenlang. Die anderen beiden schwimmen nicht so gerne.

Ich möchte das alles in Worte packen.teilen. und genießen.
So macht jeder seinen eigenen Urlaub in Gedanken, bastelt seine Erinnerungen und malt sie aus.
Das ist schade.
Ich teile doch so gerne Erinnerungen.

Vielleicht verfüge ich einfach über ein überdurchschnittlich starkes Mitteilungsbedürfnis?
Vielleicht haben andere Menschen einfach nicht so viel zu sagen?
Vielleicht ist Reden Silber und Schweigen Gold?
Vielleicht sagt ein Blick mehr als tausend Worte?

Während Gerit und Gerit gedanklich eine angeregte Diskussion über die unbegreiflichkeit der Quantentheorie führen, zaubert die Sonne viele kleine Sommersprossen auf meine Haut.

In meinem Ohr singt es " restless, restless". Und ich glaube, es stimmt. Ich muss grinsen.
Dann hebe ich eben meine Worte für später auf. Meine Zeit wird kommen.

Montag, 8. November 2010

Zehn vor zwölf



Es ist Freitag Nacht in einem Club- in Vancouver. Kostenloser Eintritt lockt uns an einen Ort, den ich sonst nie betreten hätte. Die Caprice-Dance-Lounge ist zehnmal schlimmer als der Fritzclub und das Steinhaus zusammen es jemals sein können.
Ich schwöre.
90% der weiblichen Gäste sehen aus wie Nutten und verhalten sich so. Die meisten kommen aus Asien,  haben den Begriff „künstliche Schönheit“ quasi erfunden und feiern gerade ihren 19. Geburtstag.
Der Rest der Gäste: übergewichtige Typen mit Gelfrisur, bevorzugt aus Weißrusland. 
Und Frida und Ich. 
Wir stehen gelangweilt an der Bar. Das Bier ist teuer und warm. Und schmeckt nach Wasser.
Plötzlich kommen zwei Typen auf uns zu. Der eine mit einer Holzperlenhalskette. Ich bekomme Angst. Zurecht. Die Holzperlenkette stellt sich vor: Robert aus München- ich bin nicht überrascht. Woher auch sonst? (no offense Theresa!)
Freudig stellt er fest, dass auch ich aus Deutschland komme. Mein gelangweilter Gesichtsausdruck hält ihn nicht davon ab uns einen Lutscher und ein Bier zu kaufen- und mir seine Lebensgeschichte zu erzählen.
Langsam füllt sich die Tanzfläche. Frida und ich nutzen die Gelegenheit und verschwinden in der tanzenden Menge. Künstlicher Nebel und zerhacktes Licht lassen diesen ganzen Abend noch surrealer wirken als er eh schon ist. 
Robert grinst.
Sein Kumpel grinst auch. Noch dämlicher. Ich drehe mich um und sehe warum.
Vorne auf der Bühne räkelt sich eine moppelige Asiatin in Hot-Pants- ich vermute es soll sexy sein.
Robert und die Weißrussen können sich kaum beherrschen.
Die Asiatin wickelt ihren Körper um eine Stange. Ich bin lediglich fasziniert von ihrem Bauchnabelpiercing, das irgendwie in ihrem Bauch verschwindet. Whatever.
Noch ein Schluck Bier. Nun ist es richtig warm.
Ich bin immer noch gelangweilt. Der DJ ist schlecht, und Katy Perry ist auch nur cool, wenn man es mit Freunden gemeinsam in der Küche singt.
Wir gehen nach Hause.
Es ist 20 nach 12.
Ich liebe Nordamerika. Wenigstens sind wir morgen nicht müde.
Vor dem Hostel treffe ich einen Obdachlosen aus Sakatchewaan. Er heißt Jacob. Ich erzähle ihm von einem Song, indem ein Canadier von seiner Freundin verlassen wird-für einen Kerl aus Saskatchewann. Jacob ist unbeeindruckt.  Er glaubt nicht mehr an Liebe. Würde ich wahrscheinlich an seiner Stelle auch nicht.
Er hofft nur , dass die Frau wenigstens eine coole Zeit hat. Jacob weiß wie es geht, konzentriere dich auf das positive im Leben.
Ich gehe schlafen.
Das Vancouver Nachtleben ist genauso launisch und biestig wie das in Berlin.
Nur die Musik ist schlechter. Dank Katy!

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Home is where the heart is


Ich liege eingewickelt in Motto-Parties und weich gebettet auf Monopoly-Abenden in meinem Zimmer und starre an die Decke. Ganz plötzlich scheine ich meinen Sinn für Heimweh verloren zu haben. Ich fühle mich hier zu Hause- wenigstens ein bisschen.
Der morgendliche Nebel kommt mir bekannt vor und unterstützt meine morgendliche Melancholie. Ich begrüße den Geruch i im Treppenhaus und wenn ich nach Hause komme und meinen kleinen, sterilen Flur mit grünem Fußbodenbelag betrachte überkommt mich ein Gefühl von Heimat. 

Ich glaube, ich habe einen Knall.

In meiner, objektiv betrachtet, ziemlich ranzigen, Stundentenwohnheimwohnung haben vor mir an die 30 Leute gewohnt. Von Individualität kann keine Rede sein. Auch nicht von Gemütlichkeit-dennoch fühle ich mich wohl.
Denke ich zurück an meinen Traum von kuschliger Einzimmer-Wohnung im Herzen von Berlin wird mir ganz schwindelig. Hier lebe ich neben einem Fußball-Feld und nachts um 6 reißt einen der Feueralarm aus dem Schlaf. Na und?
The canadian way of life wird nie meiner werden, aber ich habe gelernt, mich mit ihm zu arrangieren. Ich kann nicht sagen, dass ich ihn mag. Aber ich ertrage ihn gerne.
Der Kaffee hier verursacht Magengeschwüre, dafür sind die Kekse gut. Wenn man Alkohol kauft, fühlt man sich wie ein Krimineller, allerdings sind auf den Straßen alle Hunde angeleint.
Wer das eine will, muss das andere nehmen.
Ich dippe also meinen Keks in den Kaffee, schleiche mich aus dem Spirituosen-Geschäft und habe seit 2 Monaten keine Angst mehr vor Hunden.
Allerdings vermisse ich Tatort, DM, das sonntagliche Frühstück mit Brötchen und einem Kochei, Milchreis, die U5, die Arte-Mediathek, den betrunkenen Heimweg nachts aus der Bänschstraße, Kaffee Freitag um 16:30, die leckeren weichen Brownie-Kekse aus dem Goodies, meinen Bademantel, Maccaroni-Nester, Spätverkäufe und meine Kaffeemaschine Rowenta -die vor allem!

Sonntag, 17. Oktober 2010

Des Kaisers neue Kleider

Langsam fangen die Tage an zu rasen. Sie reihen sich hübsch widerstandslos aneinander wie Perlen aus Zucker an einer Gummikette. Sie sind süß und ich habe Angst, Karries zu bekommen.
Sie fügen sich zusammen zu einem bunten Puzzle bestehend aus Abenden, Mittagessen und Spaziergängen am Nachmittag. Gelächter auf einer Bank, während hier immer noch die Sonne scheint.
Zählte ich noch am Anfang jede Stunde, vergesse ich jetzt das Datum.
Verrückt, wie schnell aus anfänglichem Unmut und Unsicherheit Gewohnheit und  Sorglosikeit werden kann.
Es ist nicht so, dass speziell spannende Dinge passieren, der Zauber ist, dass sie passieren, ohne dass ich es merke oder auf sie warte.
Ich wache am Morgen auf, denke an den letzen Tag zurück und bin froh, hergekommen zu sein.
Das ist neu für mich.
Es ist ein Gefühl, dass mir gefällt. Normalerweise lebe ich entweder gestern oder morgen. Zuhause in der Gegenwart fühle mich eher selten.
Ich habe schon lange keine Listen mehr gemacht.
Alte Gewohnheiten werden hier ausradiert wie Notizen aus einem alten Bibliotheksbuch.
Achja, ich benutze die Bibliothek.
Gucke ich morgens in den Spiegel, wundere ich mich ein bisschen, wer das Mädchen ist, was nachts Nachos im Bett isst, und auch nachdem Gäste ihr Handtuch benutzt haben, es nicht gleich in den Wäschekorb wandert.
Verrückte Welt.
What‘s wrong with me?

Montag, 11. Oktober 2010

Jasper


Es ist Freitag Nachmittag auf dem Universitätsgelände in Calgary. Neun aufgeregte Mitzwanziger sitzen mit erwartungsvollen Blicken in zwei amerikanischen Kleinwangen. Vor ihnen liegen 500 km Natur pur- aufgeteilt in zwei National Parks. 
Banff kenne ich schon. Der andere ist neu.
Hoffentlich überzeugt  der Jasper Nationalpark nicht nur durch seinen Namen.
Wir fahren los und lassen Calgary schnell hinter uns.
Was man dann zu sehen bekommt, glaubt man erst nachdem man es gesehen hat.
Der Highway 01 schlängelt sich durch Felsen, und Schluchten, vorbei an Gebirgsketten und Tälern. Meine Nase klebt an der Scheibe. Schon alleine auf dem Hinweg nehme ich meinen Finger kaum vom Auslöser meiner Kamera. Doch einzufangen ist der Eindruck kaum.
Als wir ankommen ist es dunkel und kalt. Die Straßen werden schmaler. Als wir abbiegen treffen unsere Scheinwerfer einen Hirsch mit gewaltigem Gewei. Er bleibt allerdings von uns unbeeindruckt.
Das Hostel in dem wir schlafen ist ueberfuellt und stickig. Etwa 60 Leute schlafen in einem grossen Raum in Doppestockbetten. Da ich immernoch leicht erkältet bin, habe ich große Angst in der Nacht zu husten und alle anderen 59 schlafenden Hostelbesucher aufzuwecken. Paralisiert vor Panik schlafe ich ziemlich beschissen. Der Wecker klingelt um 6.00. Wer einen Bären sehen will, muss früh aufstehen- heißt es.
Einen Bären sehen wir nicht.
Dennoch.
Achtzehn schlaftrunkene Augen blinzeln müde durch die kandische Wildniss. 
Auf dem Tagesplan: Wandern.
Anfänglich lauft alles gemütlich. Man redet, macht Fotos und bewundert die Umgebung. Mit vorranschreitender Zeit nimmt auch der Anstieg zu. Man schweigt. Ich schitze. Der Schweiß rennt mir den Rücken runter. Niemand sagt mehr ein Wort. Alle Schnaufen.
Am Ende geht es um Leben und Tod.
Ich bin sehr froh, mir Wanderschuhe ausgeliehen zu haben und muss dennoch am Ende meine Hände zur Hilfe nehmen.
Auf allen vieren krakseln neun schwitzende Abenteurer den Hang hinauf.
Oben angekommen fühle ich mich wie Roland Messner. Nur dass ich noch alle 10 Zehen habe.
Die Natur verschlingt mich. Grün, wohin das Auge sieht. Es ist atemberaubend.
Getrieben von Euphorie und Erschöpfung huepfen wir herrum wie verrückte Kaninchen und freuen uns, über unsere Heldentat. 
Der Rueckweg ist mühsam und längst nicht so aufgerengt wie der Weg hinauf.
Aber das Gefühl bleibt.
Sonntag Morgen um 5.30. Es ist frueh und dunkel. Das letzte Glas Wein am Vortag war schlecht. Ich fuehle mich erschöpft und dehydriert. Der Husten schüttelt mich zu früh aus dem Bett und treibt mich in den Gemeinschaftsraum. Aus Angst, die Gemeinschaft aufzuwecken sitze ich nun auf einem unbequemen Sofa und starre ins Dunkle.
Es regnet. Die anderen stehen erst um sieben auf.
Unser Auto kämpft sich durch den Regen. Alles ist grau und nass. Aber man ist ja nur einmal hier.
Die Gruppe spaltet sich. Einige fahren zurück. Aber ich habe noch lange nicht genug.
Nichts schweisst mehr zusammen, als gemeinsam triefnass durch den Wald zu stapfen und “Wer bin ich” zu spielen. Napoleon? Marie Curie? Man merkt, wie sind Europäer. Oben angekommen, war es erneut die Mühe wert.
Fünf Europaeer sitzen auf einem Stein und können sich nicht satt sehen an der Aussicht.
Niemand will zurueck nach Calgary. Aber alle müssen.
Montag Morgen.
Wir fünf sitzen wieder in einem Auto.
Die Haare zerszaust vom Wind, die Gesichter von der Sonne geroetet. Trotzdem sind die Figer kalt- heute waren -6°C. Es ist Oktober. Und hinter uns liegt ein Wochenende, das kaum zu ueberbieten ist.
Ich bin verliebt in Jasper.




















Sonntag, 3. Oktober 2010

Who has the hottest TOGA in town?

Alles in Allem war die TOGA-Party ein Fest für die Götter.

Trotzdem bin ich sehr froh, dass sich Berliner-Verkleidungsrituale auf Karneval beschränken.

Und dass auch nicht mal richtig,


Donnerstag, 30. September 2010

Das römische Imperium schlägt zurück.

Der Herbst macht es sich bequem im schönen Calgary. 
Die Bäume glänzen golden und dennoch herrschen sommerliche 23°C, sodass ich problemlos in der Sonne sitzend lernen oder dösen kann. 
Unter mir raschelt das Laub und die Sonne kitzelt in meinen Augen. Es ist alles idyllisch entspannt,  doch meine Gedanken kreisen nur um eines: Morgen ist es soweit.
Voller Vorfreude erwartet die University of Calgary das Ereignis des Jahres:
Die TOGA-Party.
Seit einer Woche wird über nichts anderes gesprochen. Nie. Nirgendwo.
Hauptbestandteil der TOGA-Party ist, dass sich jeder Gast in ein Laken hüllt, dass er mit Sicherheitsnadeln irgendwie irgendwo befestigt. Ziel ist es, die Kleidung der alten Römer einigermaßen authentisch zu immitieren. Sonst gibt es keinen Einlass, zumindestens keinen kostenlosen.
Dann wird Alkohol getrunken. Wie auf jeder Party, TOGA hin oder her.
Ein Traum.
Seit einer Woche geistern verschiedenste Youtube-Videos über unterschiedlichste TOGA-Techniken über unsere Facebook-Profile.
Man muss ich entscheiden, ob man eher den klasischen Schulterknoten oder den fetzigen Neckholder-Stil bevorzugt.
Meine Hauptsorge besteht darin, dass man mit einer TOGA ja überhaupt nicht tanzen kann. Also holte ich mir Anregungen auf der American-Apparel-Homepage. Dort gibt es tatsächlich einen Clip, der kurz und knackig erklärt, wie man mit seinem Circle Scarf (Trend aus dem Winter 2010) eine Toga basteln kann. Ich bin begeistert. So muss ich nicht nur kein zusätzliches Geld für ein „Weißes Laken Set“ bei Wallmarkt ausgeben, nein, ich werde mit meiner „Sexy-mini-TOGA „ in taubengrau der Star des Abends sein. Außerdem: der Retro-Schal. Geht's den besser?
Fast genause wichtig wie die TOGA Party ist die Pre-Party. Das einzige wirklich Witztige bei der Sache ist ja das Kostüm. Also muss das Verkleiden gemeinsam passieren. Danach: ein Bier zum Einstieg und ein Foto.
Daher werden morgen pünktlich um 19:30 Ortszeit zwanig, in Laken gehüllte, europäische Austauschstundenten dümmlich mit dem Daumen nach oben in eine Kamera grinsen.
Ich bin einer von ihnen. 
Eigentlich mag ich keine Kostüme.
Aber eigentlich mag ich auch keine „Daumen nach oben“-Geste.
Eigentlich wohne ich auch in Berlin.
Also: her mit der TOGA, schnell eine „pesudo-römisch-griechische-Flechtfrisur“ auf den Kopf und Daumen hoch.
Man ist ja nur einmal hier.

Sonntag, 26. September 2010

Banff-die Zweite

Und wieder einmal macht sich eine Gruppe Studenten an einem Sonntag Morgen auf in einen kanadischen National Park.
Diesmal regnet es nicht. 
Obwohl ich den Banff-National-Park schon kenne, bin ich aufs neue beeindruckt.
Zumal jetzt, da dank dem Einzug der neuen Jahreszeit Herbst, hier und da gelbe oder rote Tupfen im sonst eher grünen Grundton auftauchen.
Die Gigantische Größe und Kraft der Rocky Mountains lässt einen selbst, in seiner Funktionsjacke von North-Face mit Systemkamera in der Hand lächerlich und unbedeutend wirken.
Würde mich jemand auf einem dieser Berge aussetzen, würde ich verhungern, oder von einem Bär gefressen werden. Oder beides. Natürlich erst verhungern und dann kommt der Bär.
Viel mehr kann man dazu auch nicht sagen. Muss man allerdings auch nicht.
Das einzige, was mich bitter enttäsucht hat, sind die hoch angepriesenen heißen Quellen. Bewaffnet mit Handtuch, Bikini und Flipflops, verging mir die Lust aufs entspannende Bad sofort, als ich sah, dass die Grundfläche des Pools ca. 10 quadratmeter beträgt und sich chon 80 Leute auf auf diesem 10 quadratmetern tummel. Zumal konnte man vom Hauptwanderweg direkt in den Pool sehen. Und es roch nach Chlor.
Jeder der schon einmal in Bad Sarow war, wird mich verstehen.
Berge hin oder her-was Thermen betrifft, müssen die Leute hier noch ordentlich was dazulernen.