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Samstag, 23. Februar 2013

Kekse und Schokolade


Mit der Promotionsstelle ist endlich alles anders. Mit meinem Studienabschluss gibt es nun sozusagen die optimierte Version meiner selbst, die immer noch nicht genug hat und zielstrebig und ehrgeizig dem zweiten akademischen Titel hinterher jagt. Habe ich mich während der Diplomarbeit größtenteils verloren gefühlt, meine Zeit ineffektiv eingeteilt bzw. verplempert, und einen Versuchsaufbau gewählt, der weder Hand und Fuß hat, so wird nun alles besser. Ein Diplomingenieur muss schließlich wissen wie es geht.

Ich plane vorausschauend und klug. Ich verwende statistische Methoden. Ich habe einen ordentlichen Schreibtisch, erledige alle Dinge fristgerecht, vergesse nichts, lasse mich nicht ablenken und esse jeden Tag ein Stück Obst. Seit zwei Monaten versuche ich an dieser Devise festzuhalten, und schon jetzt gibt es Excel-Dokumente, von denen ich nicht weiß, was sie eigentlich bedeuten. Im Leben eines PhD-Studenten gibt es zu viele Ablenkungen im Berufsalltag, sodass der Anspruch auf das angestrebte Forscher-Dasein in den Hintergrund rückt: Das Internet ist stets Ablenkungsfalle Nr.1 , danach kommt der Speiseplan für die Kantine, Ausflüge zum nächstgelegenen Supermarkt um Kekse oder Schokolade zu kaufen und natürlich andere PhD-Studenten, mit denen in der Küche Kekse oder Schokolade gegessen wird. Zusätzlich gibt es jeden Tag irgendwo ein Event bei dem man als PhD-Student etwas lernen kann über Zeitmangement, wie man anschließend einen Job in der Industrie findet oder über das Leben allgemein, dazu gibt es Snacks und Softgetränke. Ständig kommen Kollegen ins Büro, zeigen einem lustigen Links oder wollen ein Keks. Kurz: man kommt zu nichts. 

Während der Diplomarbeit konnte ich problemlos andere für meine schlechten Ergebnisse verantwortlich machen und mit dem Finger auf denjenigen zeigen, der sich mein Projekt ausgedacht hat. So war nicht mangelndes Zeitmanagement sonder schlechte Projektplanung Schuld an den schwer zu interpretierbaren Daten. Nun denke ich mir mein Projekt selber aus. Das ist toll finde ich, nur gibt es ca. 3 Millionen Dinge, die ich gerne ausprobieren würde, doch die Zeitbegrenzung liegt bei 3 Jahren und die finanziellen Schranken wahrscheinlich noch tiefer. Es sollte also möglichst günstig sein, und sich am besten in Unterprojekte einteilen lassen, sodass Bachelor- und Masterstudenten von mir mit beschäftigt werden können. Seit zwei Monaten plane ich. Und verwerfe den Plan. Zwischen all dem Planen, habe ich keine Zeit für meine Experimente. Bei all den Meetings, Events und Ablenkungen komme ich auch kaum zum Planen. Es ist ein Teufelskreis.

Seit zwei Wochen habe ich einen Bachelor-Student und keine Ahnung, was ich ihm mit seinem Unterprojekt für Anweisungen geben soll. Daher halt ich mich eher zurück mit Ideen und meine Beschreibungen seiner Arbeitsaufgabe sind recht oberflächlich. Ich sage ihm, dies sei eine tolle Chance für ihn, seine Zeit selber einzuteilen und seiner Versuche selbst zu planen. Ratlos schaut er mich an. Später wird er mit dem Finger auf mich zeigen und mich für seine schlechten Ergebnisse verantwortlich machen.