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Freitag, 10. Februar 2012

The chemicals between us.

Gestern habe ich mir einen Vortrag über Kupfer-Aluminium-Bor Katalysatorensysteme angehört.
Dafür bin ich extra nach Dahlem an das Fritz-Haber-Institut gefahren. Mein Freund hat dort monatelang mit Elementen gebastelt und durfte nun seine Abschlusspräsentation halten. 
Ungefähr 10 Leute sitzen in einem Raum. Einer von ihnen ist der sympatische Fachgruppenleiter im grün-blauen Ringelshirt, der unkonventionell den „Kupfer-Tag“, bestehend aus verschiedenen Präsentationen über Kupfer-Experiemente, einleitet. 
Dann gibt es noch den nicht so entspannten Direktor des Instituts- ganz in schwarz gekleidet mit Bauchtasche. Er hat schon nach 5 Minuten Einleitung, Fragen und Anmerkungen die uns die nächsten 30 Minuten lang überrollen . Er wird nicht gerne unterbrochen, unterbricht aber ansonsten jeden. Falls es jemals zu so etwas kommt, möchte ich beim Paddelausflug des Instituts nicht mit ihm in einem Kahn sitzen.
Ansonsten gibt es neben einer Reihe relativ unscheinbarer Chemie-Doktoranden und Doktorandinnen noch den obligatorischen Inder in Hemd und Kravatte. 
Als ich ankomme, schmuggele ich mich irgendwo an den Rand des Raumes. Ich hoffe, dass mich niemand bemerkt.  Ich bin ja eh nur zum Daumendrücken gekommen. Just in dem Moment fällt dem Ringelshirt auf, dass einige unbekannte Gesichter in der Runde seien-ich- und er läd zur allgemeinen Vorstellungsrunde ein. Ich fange an zu schwitzen, da mir partout nicht einfallen will, wie ich professionell meine Anwesenheit erklären könnte. Als ich an der Reihe bin, stammele ich etwas von allgemeinem Interesse an neuartigen Kupfer-basierten Katalysatoren und schäme mich. Niemand lacht. Der Inder nickt anerkennend.
Es geht los. Der Vortrag meines Freundes beeindruckt mich zutiefst, auch wenn ich kein Wort verstehe. Es gibt aber eine Menge toller Graphen und Bilder mit dem Elektronenmikroskop. Der Inder macht sich eifrig Notizen. Alle anderen auch. Also hole ich meinen Stift heraus und schreibe auf ein leeres Blatt: Tomaten, Salat, Milch und Eier- ich muss eh noch nachher zu Kaufland. Danach lege ich den Stift quer auf das Papier und hoffe, das keiner der pfiffigen Doktoranden meine geheimen Notizen entschlüsseln kann.
Am Ende des Vortrags wird um Fragen gebeten. Ich überlege, ob die Frage, „warum man überhaupt Kupfer nimmt und wie man das rausgefunden hat, damals“, als zulässig gilt und entscheide mich dagegen. Statt dessen setzte ich „Jägerschnitzel“ auf die Einkaufsliste und tausche mich über „Whats app“ mit meiner Freundin in der Berlinale-Kartenschlange aus. Der Inder hat viel zu sagen und auch die Bauchtasche findet alles höchst interessant und schlägt NMR als weitere Analysemethode vor.
Ich bin erleichtert, da ich weiß, was NMR bedeutet.
Als der nächste Vortrag beginnt, schleiche ich mich heimlich aus dem Raum und suche eine Toilette auf, auf der bestimmt schon viele kluge Chemikerinnen waren. 
In der S-Bahn auf dem Weg zurück ins normale Berlin, fällt mir auf, dass wir doch in einer verrückten Welt leben, wo sich Menschen, sehr lange mit Cu2Al6B4O17 beschäftigen wollen. Ich denke hingegen über eine leckere Panade nach und wiederhole im Geiste die Unterschiede zwischen eukaryotischer und prokaryotischer mRNA-Translation. 
So hat jeder sein Steckenpferd.