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Sonntag, 13. Februar 2011

Eine Nation verschenkt Herzen


Heute ist Valentinstag. 

Der kulturelle Facettenreichtum Kanadas hat mich schon mehrmals in tiefes Staunen versetzt. Diesmal dreht sich alles um „The big V-Day“- nach „B-Day“ und „X-Mas“wohl eine der schlimmsten Verstümmlungen der englischen Sprache.  

Die Rede ist vom Valentinstag- dem Tag der glücklich Verliebten, lange Verheirateten und Einhänzelhändler.

Ganz Kanada ist in purer Ekstase. In meinem Wohnheim kleben an allen Ecken rosa Einladungen zu allem Möglichen. Ich möchte da nicht hin. Ich bin mal wieder genervt.

Das mit Valentinstag habe ich ja noch nie verstanden. Bis vor wenigen Jahren glaubte ich, es hieße Valendienstag und war zutiefst verwundert, als es ihn auch an einem Mittwoch gab. Das gleiche Problem hatte ich übringens mit dem Strebergarten. Nun, einige Jahre später, da der Valentinstag mich ebenso wenig fasziniert wie ein Schrebergarten, distanziere ich mich einmal  mehr von meinem Umfeld und leider von meiner geliebten Oma und ihren leckeren Himbeeren.

Da ich morgen weder zum romantischen Dinner, noch zur Kutschfahrt mit dem weißen Pferd, zur Partnermassage, in die Liebesmuschel oder zum bescheuerten Partner-Bungee-Sprung eingeladen werde, lade ich meine Freundinen ein. Zum Pokerabend. Mit Schnittchen und Schnaps. Alle sind willkommen, die Valentinstag genauso blöd finden wie wir. 

Und zwar aus Überzeugung und nicht aus Notwendigkeit.

In dem Zusammenhang fällt mir auf: Warum gibt es denn für alles einen Tag? 
Nagut, Ostern und Weihnachten finde ich gut, denn da hat man immer frei, es gibt leckeres Essen und ich kann meine Wohnung spießig dekorieren. Außerdem gibt es Blätterkrokant und ein gutes Fernsehprogramm. 

Nikolaus macht  am meisten Spaß. Auch heute noch stelle ich meine geputzten Schuhe vor die Tür und gehe aufgeregt schlafen.

Muttertag-früher gern der einzige Tag im Jahr an dem ich vor meiner Mutter aufstand und den Frühstückstisch gedeckt habe, heute ein wilkommener Anlass mit Mama beim Brunch auf ein Glas Sekt anzustoßen. Der Tag enttäuscht nur ein bisschen, wenn er auf meinen Geburstag fällt- ich teile nicht gern die Aufmerksamkeit. 

Vatertag ist eh nur was für betrunkene Männer mittleren Alters, die mit Blumen am Fahrrad und dümmlichem Hut nachmittags um drei die Landstrasse entlangfahren und singen. Der Tag wird auch bevorzugt begangen von Jungs Anfang/Mitte Zwanzig mit nicht weniger dümmlichen Hüten und auch nicht weniger Promille. Dafür mit bekloppten Spielen, bei denen man am schnellsten einen Bierkasten um einen See tragen muss.

Frauentag ist da mehr was für mich. Allerdings musste ich in der 13. Klasse einmal eine Tanzchoreografie vorführen, habe mich fürcherlich blamiert und hasse den Tag seitdem.

Kindertag war früher ein Knaller wird aber mitleriweile von meiner Mutter ignoriert. 

Welt Aids Tag- damit konnte man in der Schule pseudopolitisch sein Engagement am Mantel tragen- für nur eine Spende von 10 Cent, die vermutlich nie ein Aidskranker je zu Gesicht bekommen hat.

Mein persönlicher Liebling ist aber der „Suit-up“ Tag, der am 13.10. stilbewussten Männern die Möglichkeit gibt, auch im Supermarkt wie aus dem Ei gepellt auszusehen.


Habe ich einen vergessen?

Kanada geht allerdings noch einen Schritt weiter. Dort gibt es im Oktober den „Anti- Brustkrebs“Monat und im November kann man sich einen Schnurrbart wachsen lassen, um auszudrücken, dass man Prostatakrebs scheisse findet. Gerne auch für Frauen mit Hormonproblemem.
Passend dazu gibt es Fäustlinge zu kaufen- in rosa und blau für 9,99$.

Ich meine, mal ganz ehrlich, wer findet denn Krebs gut?

Der ganze Tages- und  Monats- Spezialisierungszirkus dient wohl auch nur dazu das Leben langweilige Geistern mit mäßig guter Unterhaltung und überteuerten Geschenken bunter zu gestalten???

Vielleicht ist das zu zynisch. Denn wenn ich nachher keine Karte im Briefkasten habe, in der steht, dass ich ganz toll bin, bin ich bestimmt trotzdem enttäuscht und setzte alle Hoffnung in den Groundhog Day. Den habe ich zwar dieses Jahr knapp verpasst, aber nächstes Jahr, wird der ganz groß gefeiert.