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Samstag, 8. Januar 2011

Just don't open your eyes yet oder Konstruktion Nr. 1

2011
Immer noch in Kanada. 2010 liegt noch schwer auf meinen Schultern, hält mich manchmal warm und zieht mich manchmal runter.
Draussen tobt ein Schneesturm. Das schlecht isolierte Fenster trägt von Zeit zu Zeit eine eisige Briese in mein Zimmer, die sich kalt und unangenehm um meinem Hals legt. Werde ich krank? Heute Abend gibt es nichts zu tun. Gestern Abend hat man die neuen Austausch-Studenten kennengelernt. Heute Morgen hatte man Kopfschmerzen.
Ich befinde mich in einer Zeitschleife. Vor 4 Monaten saß ich schon einmal abends alleine in meinem Zimmer und habe Serien gesehen. Ich hatte schon einmal Angst vor den langen Tagen und einsamen Abenden. Ich hatte schon einmal niemanden zum Reden. Und ich habe mich schon einmal gefragt ob das hier die richtige Entscheidung war. 
Damals war das Wetter allerdings besser. 
Es kommt mir vor, als ob das kleine Haus, dass ich mir hier gebaut habe, eingestürzt ist. Ich fange also wieder von vorne an. Das Fundament ist immer am schwierigsten. Ich bin kein guter Architekt. Manche meiner Konstruktionen halten ewig und strotzen einem atomaren Angriff. Andere sind sehr wacklig. Sie waren erst eine Burg, dann ein Schloss und am Ende eine Bushaltestelle. Andere schaffen es nicht über den Keller hinaus, und mittlerweile wächst Gras auf den alten Mauern.  Ich bin Müde und mir gehen die kreativen Ideen aus. Ich habe eine Menge Dinge gebaut im letzten Jahr. Was stehen bleibt, wird die Zeit zeigen.
Sim City für Fortgeschrittene.
Zusätzlich zum statischen Grundverständnis und einem Gefühl für Design werden auch kommunikative Fähigkeiten bei dem Bau einer Mehrzweckhalle vorausgesetzt.
Allerdings hat mich der klassische Fragenkatalog in einem Transfer-Student-Gespräch schon letztes Jahr zu Tode genervt.
Where are you from?
What are you studying?
In which year are you in?
Do you want a beer?
Ich beantworte am liebste die letzte Frage, und zwar mit ja. Mit ach und krach habe ich mich im letzten September durch Gespräche gequält, die auf gar keinen Fall wiederholt oder erneut wiedergegeben werden müssen. Aber habe ich eine Wahl? 
I am Gerit. Yes, this is a female name. 
I am from Berlin. Yes, this is in Germany. No problem,  feel free to make jokes about World War two. 
And yes, I’ve heard about Hipster Hitler.
Heute war ich mit einem jungfräulichen Austausch-Studenten in der Einkaufsmeile. Eigentlich ein sehr netter Kerl. Allerdings ein bisschen aufgeregt. Die erste Investition: knallrote Kanadahandschuhe. Er hätte auch gerne eine Flagge, sagt er. Ich gucke ihn entgeistert an und mir wird ein bisschen schlecht. Eine Flagge? Würde ich mir ja nie kaufen, liegt aber vielleicht daran dass ich deutsch bin.
Ich beneide ihn für seine Naivität und seine Arglosigkeit. Er ist bestimmt der perfekte Baumeister. Außerdem beneide ich  ihn um seine noch leere Baufläche. Ich bin noch unentschlossen wie ich meine neuen Häuser in mein altes schönes Dorf integrieren soll. Am liebsten würde ich auch noch einmal alles neu bauen. Neu entwerfen. Planen. Erkunden. 
Es stellt sich mir in den Weg: Die Schwierigkeit des Stetigen.
Alles neu ist immer einfacher.

Das altbekannte Problem. Stets anwesend. Auch im Jahr 2011.

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